Fraunhofer MEVIS heißt Gregory Alliss zum Residenzprogramm STEAM Imaging VI: »Resonant Connections through Design and Data« willkommen. Der Glaskünstler und Ingenieur wird die Welt der MR-Scanner, der Daten und des Designs zum Gegenstand seines künstlerischen Schaffens machen.
Glas ist durchsichtig – weshalb wir meist nur achtlos hindurchgucken. Gregory Alliss möchte, dass wir genau hin- und hineinschauen, um die Faszination des transparenten Materials zu erkunden. Der britische Künstler und Ingenieur konzipiert und gestaltet ungewöhnliche Objekte, die Glas in einem neuen Licht erscheinen lassen. Nun wird er für zwei Wochen im Rahmen des Residenzprogrammes STEAM Imaging an das Institut in Bremen kommen. STEAM Imaging VI wird in diesem Jahr mit dem Institut für Design Informatics an der University of Edinburgh ausgerichtet, in Zusammenarbeit mit der International Fraunhofer Talent School Bremen, und der Oberschule am Waller Ring, unterstützt von der Ars Electronica im österreichischen Linz. An der Seite von Forschenden wird Alliss sich einem wichtigen Bildgebungsverfahren der Medizin widmen, der Magnetresonanztomographie (MRT).
Die MRT ist ein unverzichtbares Diagnosewerkzeug, doch die Programmierung der Sequenzen, die die Bildaufnahme steuern, ist komplex und erfordert Fachwissen. MEVIS vereinfacht diesen Prozess mit sogenannten No-Field-Scannern und kompakten Tisch-MRT-Geräten, sowie Forschungs-Scannern und der hauseigenen Softwareplattform gammaSTAR. Sie macht die Programmierung von MRT-Sequenzen mithilfe von modularen Werkezeugen, die auf verschiedene MRT-Systeme zugeschnitten sind, zugänglicher. Alliss will die Methoden auf künstlerische Weise erfahrbar machen: explorativ, sinnlich und mit niederschwelligen Zugängen zu den neuen Mini-Scannern. Gemeinsam mit den MEVIS-Fachleuten möchte er neue Formen der Vermittlung entwickeln und in einem STEAM-Workshop die MRT-Welt für Schüler:innen und die breite Öffentlichkeit öffnen. Das Resultat wird im Frühjahr 2026 im Ausstellungs- und Veranstaltungsraum Inspace im Rahmen des renommierten Edinburgh Science Festivals als immersive Installation präsentiert.
Gregory Alliss bewegt sich in vielen Welten: Kunst, Technik und Wissenschaft. Er studierte Physik und arbeitete zunächst im medizinischen Umfeld, bevor er seine technische Laufbahn in Richtung komplexer, zum Teil sicherheitskritischer Systeme ausdehnte. »Mein Job ist zu verstehen, wie Menschen diese Systeme nutzen und mit ihnen interagieren und wie sich die Schnittstellen zwischen Menschen und Maschine optimieren lassen«, sagt Alliss, der als Experte für verschiedene Unternehmen tätig ist. Er kann auf seine bisherigen Erfahrungen zurückgreifen und bringt eine innovative und erfrischende Perspektive in seine Kunst ein.
Zur Kunst fand Alliss als Sammler von ungewöhnlichen Glasobjekten. Dann eignete er sich den Umgang mit dem Material an, etwa in Kursen am Corning Museum of Glass in den USA. Schließlich absolvierte er ein Masterstudium am Edinburgh College of Art, wo er derzeit promoviert. Sein Thema: der nachhaltige Umgang mit Glaskunst. Dabei widmet er sich der Frage, wie sich kontaminiertes Abfallglas zu Kunstobjekten verarbeiten lässt und wie man dabei ökologischen Pragmatismus mit künstlerischen Experimentierlust verbinden kann. Denn Gregory Alliss arbeitet vorwiegend mit Altglas, etwa mit alten Fernsehbildröhren: »Dieses Glas ist mit Stoffen verunreinigt, etwa mit Blei und Bor«, erklärt Alliss. »Deshalb ist es schwierig zu verarbeiten, die Ergebnisse sind oft unberechenbarer. Und genau das mag ich!« Daraus resultiert eine Arbeitsweise, die bewusst Unwägbarkeiten in Kauf nimmt, die Alliss dann durch eine gezielte Nachbearbeitung der Objekte in Form bringt.
»Eines meiner künstlerischen Ziele ist es, den Betrachter ins Glas hineinzuführen«, erläutert Alliss. Eines seiner bisherigen Projekte, »What’s Inside?«, übersetzt beispielsweise Mikroschnitte eines Glasobjekts in eine begehbare, immersive Projektion, bei der Menschen quasi durch die Materie wandern können. Das Thema des zweiwöchigen »STEAM Imaging VI«-Aufenthalts bei Fraunhofer MEVIS in Bremen weitet diesen Ansatz aus. Neben Wissenschaftler:innen bezieht er auch Schüler:innen des neuen Oberstufenprofils »Digitale Medizin« mit ein, das MEVIS in Zusammenarbeit mit der Oberschule am Waller Ring in Bremen anbietet. Der Projekttitel lautet: »Play to Demystify – Zugang und Verständnis für die Technologie der Magnetresonanztomographie schaffen«. Für Alliss bedeutet das Projekt eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, zur Medizinphysik – und zugleich ein Experimentierfeld, um neue Entwicklungen in der komplexen MR-Software, den Bedienoberflächen und den Patientenerfahrungen spielerisch zu erkunden.
Der zweitägige STEAM-Workshop mit den Schüler:innen stellt ein integrales Element des Residenzaufenthaltes dar. Auf explorativ-kreative Weise wird er Einblicke in die Welt der neuen Möglichkeiten der MR-Sequenzprogrammierung geben. Gemeinsam mit den MEVIS-Forschenden möchte Gregory Alliss komplexe Wissenschaft anschaulich und begreifbar machen. Die Jugendlichen sollen dabei erleben, wie Glaskunst und Wissenschaft zusammenwirken können, um das Unsichtbare sichtbar zu machen. Und sie sollen erfahren, wie kreative Experimente helfen, Zugang zur Medizintechnik zu verbessern und die dahinterliegenden Themen aus Naturwissenschaft, Design und Data Science mitzugestalten, die die Medizin von morgen prägen.
Im Workshop kommen sogenannte Table-Top-MRTs zum Einsatz. Das sind kleine, vereinfachte Modelle, die auf einem Tisch Platz finden und ohne starke Magnetfelder auskommen. Damit können die Teilnehmenden ausprobieren, wie Signale entstehen, wie Daten zu Bildern werden und wie sich Materialien im Scanner verhalten. Für Gregory Alliss sind diese Mini-MRTs ideale Werkzeuge, um Technik greifbar zu machen: Sie verbinden das Spielerische seiner künstlerischen Herangehensweise mit dem wissenschaftlichen Anspruch, komplexe Prozesse verständlich zu vermitteln. Und sie eröffnen den Jugendlichen die Möglichkeit, buchstäblich in die Bilder hineinzuschauen.
Für Gregory Alliss sind Glasobjekte und MRT-Scanner zwei Wege, das Unsichtbare sichtbar zu machen und Komplexität in greifbare Formen zu übersetzen. Konkret denkt er dabei an sogenannte MRT-Phantome. Das sind Prüf- und Lehrkörper, die im MR-Scanner bestimmte Materialien und Geometrien simulieren. »Ich möchte Glasmodule entwickeln, die ich vor Ort verändern kann – also Phantome, die ich in den Scanner legen kann und die vielleicht unterschiedliche Bildeffekte erzeugen.« Die Zusammenarbeit mit den MEVIS-Forschenden stellt er sich so vor: Er will von ihren neue MR-Tools kennen lernen, um sie dann künstlerisch zurückzuspiegeln. »Ich freue mich darauf, diese neuen Werkzeuge kennenzulernen«, erklärt Alliss. »Dann will ich sehen, ob ich den Forschenden helfen kann, wie sie diese auf neue Weise zugänglich machen können – daher der Titel Play to Demystify.«
Fraunhofer MEVIS engagiert sich mit Projekten wie der Kunstresidenz und dem STEAM-Workshop in der Wissenschaftskommunikation, um seine Forschungsthemen und besondere Forschungskultur für ein breiteres Publikum erfahrbar zu machen. Das Institut arbeitet zur Erreichung seiner Ziele in einer offenen, kollaborativen Struktur, die Flexibilität und Austausch über Disziplingrenzen hinweg fördert – ein Prinzip, das sich auch in seinem Kommunikationsansatz widerspiegelt: partizipativ, dezentral und projektorientiert. »Statt reiner Wissensvermittlung geht es darum, Neugier zu wecken, emotionale Zugänge zu komplexen Themen zu schaffen und zum Mitwirken zu inspirieren«, erläutert Bianka Hofmann, Head of Science Engagement, die das Residenzprogramm am MEVIS leitet. Kooperationen mit Kunst und Bildung eröffnen neue Formen der Zusammenarbeit, in denen Wissenschaft nicht nur erklärt, sondern erlebt und in Beziehung gesetzt wird.
Das Institute for Design Informatics ist Partner des diesjährigen STEAM-Imaging-VI-Programms, das Design, kreative Methoden und datengetriebene Technologien miteinander verbindet. Unter dem Thema »Resonante Verbindungen durch Design und Daten« erkundet die Zusammenarbeit gemeinsame Interessen zwischen den beteiligten Instituten. Der diesjährige Creator-in-Residence, Gregory Alliss, untersucht die Schnittstellen von MRT-Technologie, Design Thinking und Data Science. Die bei seinem Aufenthalt in Bremen entstehende Installation wird er 2026 im Ausstellungs- und Veranstaltungsraum »Inspace« im Rahmen des Edinburgh Science Festival präsentieren – als immersive Installation, die Wissenschaft, Licht, Raum und Material zu einer gemeinsamen Erzählung verschmilzt. Dadurch sind die Besucher:innen eingeladen, sich spielerisch und kreativ mit MRT-Werkzeugen und -Technologien auseinanderzusetzen.
STEAM Imaging VI, veranstaltet vom Fraunhofer MEVIS in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Institute for Design Informatics der University of Edinburgh, Großbritannien, bietet eine einzigartige Gelegenheit, das Anwendungspotenzial kreativer multi- und transdisziplinärer Ansätze in der digitalen Medizin zu erkunden. An der Zusammenarbeit beteiligt sind die Internationale Fraunhofer Talent School Bremen und die Oberschule am Waller Ring in Bremen, unterstützt von Ars Electronica, Österreich.